In Industrie- und Gewerbebetrieben entstehen tagtäglich große Mengen an Abwärme. Diese Wärmeenergie verpufft meist ungenutzt, obwohl sie ein enormes energetisches Potenzial birgt. Mit modernen Technologien lässt sich aus dieser Abwärme Strom erzeugen. Doch Abwärme fällt nicht nur in klassischen Produktionsumgebungen an. Auch Rechenzentren, Supermärkte mit umfangreicher Kältetechnik, Logistik- und Lebensmittelbetriebe, Großküchen sowie energieintensive Anlagen wie Blockheizkraftwerke oder Recycling- und Entsorgungsbetriebe erzeugen kontinuierlich nutzbare Wärme. Überall dort bietet die Rückgewinnung und Umwandlung dieser thermischen Energie einen echten Effizienzhebel.

Wie funktioniert die Stromerzeugung aus Abwärme in Industrie und Gewerbe?

Abwärme besitzt nutzbare thermische Energie, die sich über geeignete Verfahren in mechanische Energie und anschließend in elektrischen Strom umwandeln lässt. Grundlage ist stets ein verwertbarer Temperaturunterschied: In einem geschlossenen thermodynamischen Kreislauf überträgt die vorhandene Wärmeenergie ihre Energie auf ein Arbeitsmedium. Dieses verdampft oder dehnt sich aus und treibt darüber eine Turbine bzw. einen Generator an. Auf diese Weise wird bislang ungenutzte Prozesswärme in elektrische Energie umgewandelt, die direkt im Unternehmen eingesetzt oder – je nach System – in das Stromnetz eingespeist werden kann. Abwärme fällt in nahezu allen industriellen und gewerblichen Prozessen an. Industrieöfen, Verbrennungsmotoren, Dampferzeuger, Kälte- und Trocknungsprozesse oder Abluftsysteme erzeugen kontinuierlich Wärme, die selbst bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen unter 100 °C noch energetisch genutzt werden kann.

Welche Technologien eignen sich zur Stromerzeugung aus Abwärme?

Je nach Temperaturniveau, verfügbarer Wärmemenge und spezifischem Anwendungsfall kommen unterschiedliche Technologien zur Umwandlung von Abwärme in elektrische Energie zum Einsatz.

ORC-Technologie (Organic Rankine Cycle): Der Organic Rankine Cycle (ORC) zählt zu den etabliertesten Verfahren zur Stromerzeugung aus industrieller Abwärme. Das Prinzip ähnelt dem klassischer Dampfkraftwerke, verwendet jedoch ein organisches Arbeitsmedium anstelle von Wasser. Dieses Medium – häufig ein spezielles Kältemittel – verdampft bereits bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen und ermöglicht damit eine effiziente Nutzung auch moderat temperierter Abwärmeströme. Im ORC-Prozess wird die vorhandene Wärmeenergie auf das organische Arbeitsfluid übertragen. Beim Verdampfen expandiert es und treibt eine Turbine an, deren mechanische Energie anschließend über einen Generator in elektrische Energie umgewandelt wird.

Thermoelektrische Generatoren (TEG): Thermoelektrische Generatoren basieren auf dem Seebeck-Effekt: Entsteht zwischen zwei unterschiedlichen Halbleitermaterialien eine Temperaturdifferenz, wird eine elektrische Spannung erzeugt, die ohne weitere Umwandlung direkt als Strom nutzbar ist. TEGs eignen sich insbesondere für Anwendungen, in denen geringe bis mittlere Wärmemengen kontinuierlich anfallen – etwa in Abgasströmen, an Motoren oder an thermisch belasteten Maschinenoberflächen. Aufgrund ihrer kompakten Bauweise und geringen Wartungsanforderungen bieten sie eine Lösung für Einsatzbereiche, in denen konventionelle Technologien zu komplex oder energetisch nicht wirtschaftlich wären.

Dampfturbinen: Dampfturbinen zählen zu den etabliertesten Technologien der thermischen Energieumwandlung und kommen auch bei der Nutzung industrieller Abwärme zur Stromerzeugung zum Einsatz. Die anfallende Wärme wird verwendet, um Wasser zu verdampfen; der entstehende Wasserdampf expandiert in der Turbine und treibt diese an. Die dabei erzeugte mechanische Energie wird anschließend über einen Generator in elektrischen Strom umgewandelt. Dampfturbinen bieten hohe Wirkungsgrade, setzen jedoch eine kontinuierliche, hochtemperierte Wärmequelle sowie einen entsprechend größeren technischen Anlagenaufwand voraus. Sie eignen sich daher insbesondere für energieintensive Industrieprozesse, in denen dauerhaft hohe Temperaturen verfügbar sind.

Potenziale der Stromerzeugung aus Abwärme

Die Umwandlung von Abwärme in Strom eröffnet Unternehmen vielfältige Potenziale. Durch die energetische Rückgewinnung aus bestehenden Prozessen lassen sich sowohl wirtschaftliche Vorteile erzielen als auch zentrale Nachhaltigkeitsziele unterstützen. Ein wesentliches Potenzial liegt in der Senkung der Energiekosten: Eigenstrom aus Abwärme reduziert den Bezug aus dem öffentlichen Netz und macht Unternehmen langfristig weniger abhängig von Preisentwicklungen und Marktvolatilität. Gleichzeitig steigt die Energieeffizienz, da Wärme, die bislang ungenutzt an die Umgebung abgegeben wurde, in verwertbare elektrische Energie überführt wird und damit den Gesamtwirkungsgrad der Anlagen verbessert. Auch ökologisch bietet die Abwärmeverstromung deutliche Vorteile. Jede erzeugte Kilowattstunde, die nicht aus fossilen Energieträgern stammt, verringert den CO₂-Ausstoß und verbessert die unternehmerische Energiebilanz. Darüber hinaus stärkt die effiziente Nutzung vorhandener Ressourcen das Nachhaltigkeitsprofil eines Unternehmens und unterstützt die Erfüllung steigender Anforderungen an Energieeffizienz und Transparenz. Hinzu kommt, dass Investitionen in Systeme zur Abwärmenutzung häufig durch staatliche Förderprogramme begünstigt werden, was die wirtschaftliche Attraktivität solcher Projekte weiter erhöht und zu kurzen Amortisationszeiten führen kann.

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