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‍Alexander Meyer B.Eng.
Teamleiter | Vertrieb

6
June
2025
6 Minuten

BNetzA plant Abschmelzung vermiedener Netzentgelte bis 2029

Kaufmännisch

Im April hat die Große Beschlusskammer der Bundesnetzagentur (BNetzA) einen Entwurf zur Festlegung veröffentlicht (Az. GBK-25-02-1#1). Darin wird angekündigt, dass die Entgelte für die dezentrale Einspeisung nicht volatiler Erzeugungsanlagen gemäß § 18 StromNEV in den Jahren 2026 bis einschließlich 2028 schrittweise reduziert werden sollen. Adressat der geplanten Regelung sind die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen – einschließlich geschlossener Verteilernetze nach § 3 Nr. 3 EnWG.

Hintergrund: Die aktuelle Rechtslage nach dem Netzentgeltmodernisierungsgesetz (NeMoG) von 2017 sieht vor, dass dezentrale, nicht volatile Erzeugungsanlagen, die vor dem 1. Januar 2023 in Betrieb genommen wurden, ein Entgelt für vermiedene Netzkosten von ihrem jeweiligen Verteilnetzbetreiber erhalten.

Was regelt der Beschlussentwurf konkret?

Laut Festlegungsentwurf sollen die Entgelte für die dezentrale Einspeisung nach § 18 StromNEV in den Jahren 2026 bis 2028 schrittweise um jeweils 25 % pro Jahr reduziert werden.

Diese Entgelte gelten künftig nicht mehr in voller Höhe als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten und können daher nur noch in gekürzter Form bei der jährlichen Anpassung der Erlösobergrenzen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8, § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ARegV) sowie bei der Ermittlung der Ist-Kosten und ihrer Verbuchung im Regulierungskonto (§ 5 Abs. 1 Satz 2 ARegV) berücksichtigt werden.

In der Begründung zum Entwurf erklärt die Große Beschlusskammer außerdem, dass sie keine Nachfolgeregelung für § 18 StromNEV plant. Mit dem Außerkrafttreten der StromNEV zum 31.12.2028 sollen die Entgelte für vermiedene Netzkosten ab dem 1.1.2029 vollständig entfallen.

Einordnung des Festlegungsentwurfs der BNetzA

Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Festlegungsentwurf wird diskutiert, ob die Bundesnetzagentur ihre gesetzlich zugewiesene Regelungskompetenz überschreitet. In diesem Zusammenhang steht insbesondere der Vorbehalt des Gesetzes im Fokus.

Auch die europarechtliche Einordnung des Entwurfs durch die Große Beschlusskammer wird in einigen Punkten kritisch hinterfragt – etwa im Hinblick auf die Prinzipien der Kostenorientierung, Effizienz, das Diskriminierungsverbot und den Verbraucherschutz. Aus Sicht verschiedener Akteure erscheint die Fortführung vermiedener Netzentgelte für Betreiber nicht volatiler Erzeugungsanlagen mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar.

Darüber hinaus wird auf mögliche Auswirkungen auf bereits getroffene Investitionsentscheidungen hingewiesen. Die geplanten Regelungen könnten in bestehende wirtschaftliche Rahmenbedingungen eingreifen und werfen Fragen zum verfassungsrechtlich verankerten Vertrauensschutz auf. Der Gesetzgeber hatte bislang mehrfach auf eine Abschaffung der Regelung für Bestandsanlagen verzichtet – was von Marktteilnehmern als Signal zur Stabilität der geltenden Rechtslage interpretiert wurde.

Auch die energiewirtschaftlichen Annahmen im Festlegungsentwurf werden teils als unvollständig eingeschätzt. Insbesondere die Rolle der dezentralen Einspeisung – etwa für Netzstabilität, Effizienz und Versorgungssicherheit – sowie gesetzlich festgelegte Bewertungsmaßstäbe werden bislang nur eingeschränkt berücksichtigt.

In der Begründung des Entwurfs wird mehrfach auf eine öffentliche Debatte zur Entlastung von Stromverbrauchern verwiesen (vgl. Festlegungsentwurf, Rn. 9). Ob und in welchem Umfang diese Argumentation tragfähig ist, wird derzeit unterschiedlich bewertet.

Zudem befindet sich das System der Netzentgelte insgesamt in einer grundlegenden Überarbeitung. Ein Verfahren zur Neustrukturierung wurde am 12. Mai 2025 durch die Große Beschlusskammer eingeleitet (Az. GBK-25-01-1#3). Konkrete Inhalte oder Eckpunkte für die künftige Systematik liegen derzeit noch nicht vor.

Weiteres Vorgehen

Die Analyse des Festlegungsentwurfs zeigt, dass insbesondere Betreiber von dezentralen Erzeugungsanlagen gut beraten sind, sich aktiv in das Konsultationsverfahren der Bundesnetzagentur (BNetzA) einzubringen. Die erste Konsultationsphase zur geplanten Abschmelzung der Entgelte für dezentrale Einspeisung in den Jahren 2026 bis 2028 endete am 23. Mai 2025.

Wie die BNetzA mit den eingereichten Stellungnahmen und Kritikpunkten umgehen wird, bleibt abzuwarten. Offen ist insbesondere, ob und in welchem Umfang sie den Entwurf überarbeiten und möglicherweise eine erneute Konsultationsrunde einleiten wird – oder ob die Festlegung in ihrer derzeitigen Form erlassen wird. Angesichts der Bedeutung der Thematik ist mit einer intensiven weiteren Auseinandersetzung zu rechnen, gegebenenfalls auch im Rahmen gerichtlicher Verfahren.

Eine formale Beiladung zum Verwaltungsverfahren ist für betroffene Anlagenbetreiber möglicherweise nicht zwingend erforderlich, um später rechtlich gegen die Festlegung vorzugehen. Vieles spricht dafür, dass Anlagenbetreiber durch die geplante Kürzung der vermiedenen Netzentgelte unmittelbar betroffen sind und daher auch ohne Beiladung Beschwerde beim OLG Düsseldorf einlegen könnten. Rechtssicherheit bietet diese Einschätzung allerdings nicht, da die Bundesnetzagentur in ihrem Entwurf ausschließlich die Netzbetreiber als Adressaten der Festlegung benennt.

Vor diesem Hintergrund sollten Anlagenbetreiber in Erwägung ziehen, vorsorglich einen Antrag auf Beiladung zum Verwaltungsverfahren zu stellen.

So sichern sie sich rechtlich ab, können aktiv am Verfahren teilnehmen und ihre Interessen einbringen – ohne sich bereits zu verbindlichen Verpflichtungen zu verpflichten.

Der Entwurf der BNetzA wirft grundlegende Fragen auf: zur Regelungskompetenz der Behörde, zum Schutz bestehender Rechtsverhältnisse sowie zur verfassungs- und europarechtlichen Auslegung. Die Diskussion über die Zukunft vermiedener Netzentgelte sollte daher auf einer fundierten juristischen Grundlage erfolgen – nicht allein unter dem Eindruck öffentlichen Drucks.

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